Methoden-Workshop „Zeitgeschichte und Medien“. Zwei Semester Public History und Hands-on-Projekte, die sich sehen lassen können
Methoden-Workshop „Zeitgeschichte und Medien“. Zwei Semester Public History und Hands-on-Projekte, die sich sehen lassen können
Das Erinnern an den Nationalsozialismus und seine Verbrechen steht Anfang der 2020er-Jahre vor neuen Herausforderungen: Es gibt kaum noch Zeitzeug:innen und sind viele Gedenkveranstaltungen oft nur mehr routinierte Pflichtevents. Zugleich gibt es aber auch immer mehr mediale Möglichkeiten, Initiativen gegen das Vergessen zu setzen und zeithistorisches Wissen innovativ aufzubereiten.
Die beiden Methoden-Workshops unter der Leitung von Linda Erker widmeten sich im Sommersemester 2021 und Wintersemester 2021/22 genau diesem Spannungsverhältnis: Studierende sollten öffentliche Interventionen als Auseinandersetzung mit der österreichischen und deutschen NS-Vergangenheit als Public History und geschichtsvermittelnde Projekte diskutieren. Daran anschließend galt es eigenständig eine erinnerungspolitische Intervention mit Fokus auf die Geschichte des NS-Regime umzusetzen, ganz nach dem Motto „Geschichte wird gemacht“. Denn wir alle können das kollektive Wissen über die jüngere Vergangenheit mitgestalten.
Neben den wissenschaftlichen Recherchen galt es im Besonderen, sich Formen der kreativen Wissensvermittlung zu überlegen, sie zu reflektieren und eine eigene Public-History-Intervention in die Tat umzusetzen. Teamarbeit war dabei ausdrücklich erwünscht.
Aufgrund der Pandemie geschah die Zusammenarbeit vor allem online. Im ersten Semester konnten wir uns Ende Juni 2021 für eine Exkursion durch den öffentlichen Raum in Wien treffen. Dabei präsentierten einige Studierende ihre Podcasts an den Orten des Geschehens: Sie führten mit einer Soundinstallation zur Geschichte der NS-Zwangsarbeiter:innen in die Lobau oder diskutierten vor Ort am Heldenplatz über die Zukunft des „Hitler-Balkons“, um nur eine Auswahl zu nennen.
Im Jänner 2022 machte sich die Gruppe mit einem sogenannten Actionbound (digitale Schnitzeljagt/Quiz) im ersten Bezirk auf die Spuren des Theaterstücks Heldenplatz von Thomas Bernhard. Weitere bemerkenswerte Abschlussprojekte waren:
· ein Podcast zur Rezeption der ersten Wehrmachtsausstellung,
· ein Zine zur Frage wie Erwartungshaltungen an Opfergruppen Erinnerungskultur beeinflussen,
· ein Erklärvideo ebenfalls zum Theaterstück Heldenplatz,
· ein Liederabend zu und mit jiddischen Arbeiter:innenliedern,
· Kurzklipps für TikTok bzw. Youtube (zum Medienereignis der Serie Holocaust).
Alle Studierenden haben innovative Projekte ganz nach ihren Ideen und Vorstellungen realisiert; nicht alle Interventionen können hier auf der Homepage aufgeführt werden. Das liegt auch daran, dass die Kosten für Bild- und Tonrechte teilweise zu hoch waren, um das fertige Produkt außerhalb des Seminars zu veröffentlichen. Auch diese Fragen, die der Rechte und Lizensierung gehörten zum Prozess der unterschiedlichen Projekte und haben einen wichtigen Einblick in die praktische Arbeit von Historiker:innen gegeben.
Ich danke allen Teilnehmer:innen für ihre Bereitschaft sich so intensiv mit den Themen und den unterschiedlichem Umsetzungsformen auseinanderzusetzen. Danke für die Blogs, Konzertabende, Kurzfilme, Instagram-Stories, Lern-Homepages für Schüler:innen, Podcasts, analoge und digitale Stadtspaziergänge, Soundinstallation, Video-Essays und den Zine.
Stellvertretend für die beiden Seminare und die Vielfalt der Ideen, sollen hier ein paar Projekte kurz vorgestellt werden. Sie zeigen: Geschichte wird gemacht und zwar von den Studierenden am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.
Linda Erker
Arbeiten der Studierenden des Methoden-Workshops "Public History"
5 aus 75
Ein Projekt über den Wandel der Erinnerungskultur am Beispiel ausgewählter Denkmäler für die Sowjetarmee und den kommunistischen Widerstand in Wien von Meruyert Akhmetova und Leandra Wolfinger
Österreich Null
Ein Video-Essay von David Habermann
Geschichte Rauschen
Zwei Podcasts zum Thema U-Boote in NS von Thomas Hölzl
Nationalsozialismus in Wien – Der Weg von den „Sammellagern“ in den Osten
Ein Podcast von Johannes Mayer
Wie(n) erinnert Wie(n)
Der digitale Stadtplan von Marie Amenitsch beschäftigt sich mit der Rolle Wiens bzw. Österreichs im Nationalsozialismus
vom Erwarten und Erinnern und wie das Eine das Andere beeinflusst
Ein Zine von Christina Götschhofer
Die Serie Holocaust – Mini Doku Reihe
Fünf Kurzvideos von David Habermann
Erinnerung explained: Thomas Bernhards „Heldenplatz“ und die österreichische Erinnerungskultur
Ein Erklärvideo von Kristin Schellnegger