Gabriele Hackl
Das nationalsozialistische Sondergericht Wien und seine Spruchpraxis bei Heimtückevergehen und Kriegswirtschaftsverbrechen
Im Dissertationsprojekt stehen Wert- und Rollenvorstellungen der Juristen am Sondergericht Wien im Mittepunkt. Es sollen informelle Urteilskriterien aufgezeigt und die Bedeutung der fünf sozialen Dimensionen Ethnie („Rasse“), Geschlecht, Status, Religion und Körper/Gesundheit auf die Kriminalisierung von Personen und Handlungen herausgearbeitet werden. Durch die Beschränkung auf die beiden am häufigsten verhandelten Deliktfelder – Heimtücke- und Kriegswirtschaftsdelikte – wird der Fokus auf jene vom NS-Regime gerichtlich Verfolgten gelenkt, die potenziell der „Volksgemeinschaft“ angehörten: Es waren hauptsächlich „Volksgenossen“ und „Volksgenossinnen“, die in diesen Fällen als Beschuldigte vor Gericht standen. Dementsprechend spielt der Begriff der „Volksgemeinschafts“ als Analyseinstrument im Projekt eine bedeutende Rolle. Ob das Konzept für die in die Sondergerichtsverfahren involvierten Juristen von großer Relevanz war, ist eine der Fragen, die im Zuge der Dissertation beantwortet werden sollen. Dabei werden nicht nur die Staatsanwälte und Richter, sondern auch die Beschuldigten als Akteure und Akteurinnen verstanden, die Handlungsräume vorfanden, schufen und nutzten.