15.5. - INTERAKTIONEN - Christian Karner: Politische Polarisierung der jüngeren österreichischen Vergangenheit oder: Doxa, erlebte Krisen und nationale Identitätssymbole

Donnerstag, 15. Mai 2025, 11:30

Institut für Zeitgeschichte, Seminarraum 1

Spitalgasse 2-4/Hof 1, 1090 Wien

In der Präsentation wird österreichische Identitätspolitik und eine damit seit der Jahrtausendwende einhergehende Polarisierungstendenz analysiert. In einem ersten Schritt wird dargelegt, wie hinlänglich dokumentierte Identifikationssymbole der österreichischen Nachkriegsgesellschaft (z.B. Landschaft, kulturelles Erbe, österreichisches Deutsch, politische Institutionen, Sport) spätestens seit den frühen 2000er Jahren als krisenbehaftet oder „bedroht“ wahrgenommen werden. Für eine Analyse der Entstehungsbedingungen des Neo-Nationalismus österreichischer Prägung und dessen politischer Gegenspieler:innen liefert Pierre Bourdieus Theorie des krisenbedingten Wandels eines „kulturellen Hausverstands“ (Doxa) in ein diskursives Feld reflexiver und polarisierender Politik wichtige Impulse. Ein zweiter Schritt setzt Österreichs jüngere Politik der nationalen Identitäten in Beziehung zu Andreas Reckwitz‘ aktuellem Buch über die „Verlusteskalation“ spätmoderner Gesellschaften. In einem dritten Schritt wird veranschaulicht, wie sich selektive österreichische Identitätsdiskurse neo-romantischer Argumentations- und Erzählstrukturen bedienen, die ein Thematisieren von Verlusten ermöglichen bzw. stärken.

 

Christian Karner ist Professor der Soziologie (Lincoln), Sir-Peter-Ustinov Gastprofessor, externer Lehrbeauftragter der Universität Innsbruck, und Herausgeber von Sociological Research Online. Christians Publikationen fallen in die Themenbereiche Nationalismus, Ethnizität, Globalisierung, Erinnerungspolitik, interdisziplinäre Österreich-Forschung und Stadtsoziologie. Zu seinen jüngsten Büchern zählen Nationalism Revisited: Austrian Social Closure from Romanticism to the Digital Age und Sociology in Times of Glocalization.

 

INTERAKTIONEN – eine Vortragsreihe am Institut für Zeitgeschichte

Christian Karner, Juli 2020