2.7. Antrittsvorlesung von Kerstin von Lingen

Geraubt, gelagert – gesühnt? Kulturgüter im Zugriff der Nationalsozialisten und vor alliierten Gerichten

Freitag, 2. Juli 2021
15.00 Uhr
Großer Festsaal der Universität Wien, Universitätsring 1, 1010 Wien

 

Antrittsvorlesung von Kerstin von Lingen
Professorin für Zeitgeschichte,
Vergleichende Diktatur-, Gewalt und Genozidforschung

 

Link zur Aufzeichung der Antrittsvorlesung

 

 

In der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs wurde am südlichen Rand des Deutschen Reiches im großen Stil Kunstraub begangen. Während die Fronten bröckelten, verkleinerte sich der Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten auf die „Alpenfestung“, einen Bereich, der ungefähr das heutige Österreich, Südtirol sowie Teile Friauls umfasste. Hier konzentrierten sich in Depots in Bergtälern und Klöstern erstaunliche Mengen an geraubten Kulturgütern. Sie waren nur notdürftig gesichert, wurden aber mit der Intention gelagert, daraus Gewinn zu ziehen.

Im damals besetzten Oberitalien zeigt sich musterhaft die ganze Bandbreite des organisierten Kunstraubs durch NS-Dienststellen, im Spannungsfeld von Holocaust und Besatzung. Die Rolle, die Depots, „Verwertung“ und Profit dabei spielten, wird anhand zweier entgegengesetzter Beispiele nachgezeichnet: Zum einen der Verkauf des jüdischen Umzugsguts aus dem Freihafen von Triest durch das Auktionshaus Dorotheum in Klagenfurt, das die Flüchtenden zwar aus Wien herausbringen, aber nicht verschiffen durften und das in Triest seit 1939 buchstäblich gestrandet war. Zum anderen den organisierten Kunstraub am besetzten Verbündeten Italien, namentlich die Verbringung von Teilen der Uffizien in Depots nach Südtirol.

Entsprechend uneinheitlich fällt die Bilanz aus: Während sich die US „Monuments Men“ die Rückführung der Uffizien aus dem Passeiertal an die Fahne heften konnten und ein SS-General dafür mit Straffreiheit belohnt wurde, gab es für geraubte jüdische Kulturgüter nach 1945 kaum Sühne. Weder ließ sich die Provenienz von Gemälden, Möbeln, Teppichen, Schmuck und Uhren eindeutig identifizieren (sofern es überhaupt ernsthaft versucht wurde), noch folgten in nennenswertem Umfang Rückstellungen oder gar strafrechtliche Konsequenzen.

 

vollständiges Programm

 

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Interview mit Kerstin von Lingen: "Nationalsozialistisches Unrecht in unser Bewusstsein heben" im Medienportal der Universität Wien

Prof Manfred Berg, Heidelberg. Prof. Madeleine Herren, Basel. Prof. Kerstin von Lingen, Wien. Prof. Dieter Langewiesche, Tübingen (von links)